Nachhaltigen Wohnraum mit grünliberaler Wohnbaupolitik

Heute entsteht zu wenig und vor allem zu ineffizienter Wohnraum, um die Nachfrage an zentralen Standorten zu decken. Das führt zu Zersiedelung in den Ballungsräumen, steigenden Wohnkosten, längeren Reisewege und einer tieferen Lebensqualität.

Mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht nicht durch mehr Regulierung, sondern durch aktivere Raumplanung, hochwertige Verdichtung, effizienteren und bedarfsgerechten Wohnraum und durch einfachere und schnelle-re Verfahren. Das Ziel ist eine hohe Wohnqualität in einer Schweiz mit kurzen Wegen zwischen Leben und Arbeit sowie hürdenfreie Erreichbarkeit von Natur- und Erholungsräumen. Damit kann auch die Wohnungsknappheit in den Metropolitanräumen angegangen werden. Zur Erreichung dieser Ziele setzen wir uns ein für:

1. Aktivere Raumplanung: Die Schweiz gestalten, statt zuwarten bis auch die letzte Wiese verbaut ist

  • Aktive Raumplanung: Die Raum- und Siedlungsplanung muss aktiver werden und darf kein kurzsichti-ges Reagieren auf ändernde Umstände sein. Raumplanung muss sich an funktionalen Räumen orientie-ren. Bauprojekte und Quartiere müssen vernetzt gedacht und angegangen sowie die Grundeigentü-mer:innen proaktiv eingebunden werden, um so eine hohe Siedlungsqualität zu schaffen. Regionale und kommunale Richt- und Nutzungspläne bilden die Instrumente dazu.
  • Stärkung einer vorausschauenden Raumentwicklung: Die Behördenkompetenz muss insbesondere in kleineren bis mittelgrossen Gemeinden gestärkt werden. Durch die Förderung von Quartierplanungs- und Studienwettbewerben, können Ideen entwickelt und mit der Bevölkerung diskutiert und getestet werden. Innovative Projekte zur nachhaltigen Verbesserung der Wohnqualität können vom Bund ge-stützt auf Artikel 29a des Raumplanungsgesetzes in Zusammenarbeit mit Kantonen und Gemeinden ge-fördert werden.
  • Landreserven bewahren: Die Schweiz muss haushälterisch mit ihren Landressourcen und biologisch wertvollen Siedlungstrenngürteln umgehen. Neueinzonungen müssen weiterhin die Ausnahme bleiben und durch Kompensationen ausgeglichen werden. Stattdessen sind bestehende Siedlungsräume auf-zuwerten. Die Umsetzung des Raumplanungsgesetzes 1 auf kommunaler Ebene ist weiter zu forcieren.

2. Mehr Wohnraum in den Zentren: Die Stadt soll vibrieren, das Land atmen

  • Höhere Wohnflächeneffizienz: Wir müssen dem wachsenden Wohnflächenkonsum der Bevölkerung un-ter Wahrung der Wohnqualität entgegenwirken. Mit Anreizen in der Zonenplanung z.B. bei der Anzahl abschliessbarer Zimmer pro Wohnfläche, Anpassung der Mehrwertabschöpfung bei Aufzonungen und Dichtebonus für flächensparendes Wohnen kann der verfügbare Boden effizienter genutzt werden.
  • Vermehrt in die Höhe, wo städtebaulich sinnvoll: Gut in die Infrastruktur eingebettete Hochhaussiedlun-gen schaffen zusätzlichen Wohnraum und besitzen eine gute Wohnflächeneffizienz bei hoher Wohn-qualität. Bei Neubauquartieren und Umbauten sollten häufiger Wohnzonen mit 4 bis 6 Stockwerken statt nur den bislang typischen 2 bis 3 Stockwerken zugelassen werden.
  • Aussenraum ist Lebensraum: Es braucht hochwertigen Aussenraum mit einer attraktiver Aufenthalts-qualität statt kleiner, schlecht nutzbarer Grünflächen zwischen Wohnblöcken. Diese können vielseitig verwendet und mit innovativen, kleinräumigen Konzepten belebt werden, welche auch als ökologische Infrastruktur für Kern- und Vernetzungsgebieten dienen.
  • Umnutzung von Büroflächen: In der Schweiz steht viel Bürofläche leer, vor allem an gut erschlossenen Lagen. Durch eine Erleichterung der Umnutzungsprozesse und Anpassung der Zonenänderungen kann der administrative Aufwand reduziert werden. Langfristig braucht es aber flexiblere modulare Bauten, welche einfach umgenutzt werden können. Das bedingt entsprechend flexiblere Zonenvorschriften.
  • Gemischte Wohn-, Gewerbe und Industriezonen: Über 80% der Arbeitsplätze liegen nicht in Gewerbe-zonen und viele Wohnzonen könnten als Mischzonen sowohl dem Gewerbe wie auch verstärkt der Wohnnutzung dienen. Zonenvorschriften und Bebauungspläne sollten angepasst werden, so dass je nach Bebauungs- und Nutzungsstruktur 30-60% Wohnnutzung zulässig werden.

3. Keine unrealistischen Vorgaben: Viel Lärmschutz für nichts?

  • Harmonisierung Bauvorschriften: Ähnlich zum Steuerharmonisierungsgesetz könnte ein Bundesgesetz die kantonalen Bauvorschriften wo möglich und vernünftig harmonisieren, ohne föderale Eigenheiten zu übersteuern. Zudem sollten Behörden und einzelne Interessensverbände keine Sonder-Regelungen einführen, welche das Bauen zusätzlich erschweren (Postulat von GLP-Nationalrat Flach).
  • Vernünftige Vorgaben: Die Bauvorgaben sollten den Gegebenheiten vor Ort Rechnung tragen. Vorgaben sollten geprüft und bei Bedarf angepasst werden, ohne aber die Lebensqualität der Bewohnenden zu gefährden. So sollten die Vorgaben zum Lärmschutz flexibilisiert werden, um neuen Wohnraum zu deblockieren (Motion von GLP-Nationalrat Flach)
  • Digitale und günstigere Bewilligungsverfahren: Baubewilligungsverfahren sollten vereinfacht und günstiger werden und durchgängig digital möglich sein. Die mit Baubewilligungen verbundenen hohen Kosten können Grossteils gesenkt, z.B. die Notariatsgebühren (Postulat von GLP-Nationalrätin Bertschy).
  • Altrechtliche Baubeschränkungen: Altrechtliche Baubeschränkungen in den Grundbüchern müssen abgeschafft werden, um eine Umnutzung überhaupt erst zu ermöglichen.
  • Selektion der Einsprachen: Einsprachen sind ein wichtiges Element, um die Rechte der Nachbarschaft zu bewahren. Aussichtslose Einsprachen sollten aber als reine Verhinderungstaktik unattraktiv sein («not in my backyard»). Es braucht daher eine bessere Verteilung der Prozessrisiken und raschere Verfahren.
  • Aktiv geführte Stakeholderprozesse: Die unterschiedlichen Interessen aller Akteur:innen von Behörden, Unternehmer bis zu Einspracheberechtigten sollten in aktiven Stakeholderprozessen zusammengeführt werden. Das führt nach einem ersten Initialaufwand zu rascherer Umsetzung und langfristig befriedigenderen Ergebnissen, sowie zu achtsamerer Entwicklung und somit höherer Qualität.

4. Bedarfsorientierter Wohnraum: Die Wohnungen den Menschen anpassen und nicht umgekehrt

  • Potenzial des gemeinnützigen Wohnungsbaus: Der gemeinnützige Wohnungsbau ist ein wirksames Lenkungsinstrument im Immobilienmarkt und schafft wohnflächeneffizienten Wohnraum.
  • Bedarfsgerechter sozialer Wohnungsbau: Der soziale Wohnungsbau ist ein wichtiges Instrument der Sozialpolitik. Die Gemeinden sollen sicherstellen, dass subventionierte Wohnungen bedarfsgerecht genutzt werden. Ökonomisch leistungsfähige Menschen müssen sich auf dem regulären Wohnungsmarkt bewegen. Die öffentliche Hand kann durch entsprechende Ausschreibungen für eine gesunde Durchmischung des Wohnungsangebots (günstigere und hochwertigere Wohnungen, kleinere und grössere Einheiten) sorgen.
  • Alternativen für ältere Menschen: Der demografischen Wandel sorgt dafür, dass immer mehr Menschen in ihren späteren Lebensjahren in Wohnungen und Häusern leben, die für ihre Bedürfnisse zu gross sind, ohne preislich vergleichbare und gut gelegene Alternativen. Die öffentliche Hand kann hier in Partnerschaft mit privaten Akteuren aktiv Initiativen für bedürfnisorientiertes Wohnen für ältere Menschen schaffen.
  • Zweitwohnungen: Die Umwandlung von Erst- in Zweitwohnungen innerhalb von Gebieten mit Wohnungsknappheit stellt ein Problem dar. Sie muss von den Behörden im Auge behalten und wo nötig mit lokalen Massnahmen reguliert werden, aber ohne Zweitwohnungen ganz zu verbieten.

5. Klimaneutrales Wohnen: Es geht nicht ohne, dass wir anders bauen

  • Nachhaltig Bauen: Zur Erreichung der Klimaziele muss die Schweiz ökologisch nachhaltiger bauen. Bauweisen wie innovative Holzbautechnologien, sparsamer Einsatz von Beton und Stahl, die Wiederverwendung von Baumaterialien und vermehrte Erneuerung im Bestand, statt Neubauten sparen graue Energie. Eine angemessene Umlegung der Kosten von energetischen Sanierungen auf die Nettomieten schafft Anreize für zukunftsgerechte Renovationen.

Hier kannst Du das «Fraktionspapier Wohnbaupolitik» herunterladen!