Freitag, 20. Oktober 2023

Finanzierung der Bahninfrastruktur 2025–2028

Es braucht eine mittel- und langfristige Sicherstellung für Unterhalt, Betrieb und Erweiterungsprojekte.

Wir bedanken uns für die Vorlage und den erläuternden Bericht zur Finanzierung des Betriebs und Substanzerhalts der Bahninfrastruktur, der Systemaufgaben in diesem Bereich und zu Investitionsbeiträgen an private Güterverkehrsanlagen in den Jahren 2025–2028 und nehmen dazu entlang Ihrem Fragebogen wie folgt Stellung:

 

Substanzerhalt, Systemaufgaben und Leistungsvereinbarungen

1. Wird die Vorlage von Ihnen grundsätzlich unterstützt?

Wir unterstützen die Vorlage im Grundsatz, aber es sollte in drei konkreten Bereichen nachgebessert werden, um eine mittel- und langfristige Perspektive für Unterhalt, Betrieb und Erweiterungsprojekte sicherzustellen und die Finanzierung entsprechend zu gewährleisten:

  • Die fristgerechte Umsetzung der Projekte der Ausbauetappe 2035 darf nicht gefährdet werden.
  • Die Finanzierung für die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) und insbesondere der normgerechte Umbau der Bahnhöfe darf nicht weiter verzögert werden, da dies ebenso einen negativen Einfluss auf die Sicherheit an den betroffenen Bahnhöfen hat.
  • Die Digitalisierung, insbesondere die Umsetzung und Beschleunigung der ERTMS-Technologie, soll weiter beschleunigt und nicht hinausgezögert werden.

Wir werden in den folgenden Kapiteln noch weiter auf diese Punkte eingehen.

 

2. Ist der für den Substanzerhalt und die Systemaufgaben vorgesehenen Betrag in seiner Höhe angemessen?

Der Betrag ist teuerungsbereinigt tiefer, wie in den letzten Leistungsvereinbarungs-Perioden. Und dies obwohl diverse Netzbetreiber im BAV-Bericht bemängeln, dass mit dieser Beitragshöhe ihr Bedarf nicht genügend abgedeckt werden kann. Insbesondere störend wäre eine Verzögerung bei der Umsetzung der Digitalisierung sowie beim Einsatz neuer Technologien wie ERTMS/ETCS, was die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Verkehrs einschränkt, Fehlinvestitionen begünstigt und die Umsetzung von Ausbauetappen sowie des BehiG-konformen Umbaus der Bahnhöfe verzögern wird. Dies kann wiederum einen negativen Einfluss auf die Sicherheit haben.
Wenn der Bundesrat einerseits zusätzliche Milliarden für Tunnels und Bahnhöfe (wie zuletzt in der Botschaft 2023) zum Ausbau des Bahnnetzes, andererseits aber teuerungsbereinigt weniger Geld für den Unterhalt zur Verfügung stellt, ist dies nicht verständlich. Die Finanzmittel müssen langfristig geplant und strategisch richtig eingesetzt werden. Und dies für den Ausbau, wie auch für den Unterhalt.

 

3. Der Bundesrat erwartet von den Infrastrukturbetreiberinnen, dass von ihm definierte Ziele erreicht werden. Sind Ihrer Ansicht nach, die Ziele in den folgenden Punkten richtig definiert:

  • Sicherheit?
    Teilweise. Die knappen Finanzmittel in der vorliegenden Leistungsvereinbarung führen mittel- bis langfristig zu einem weiteren Nachholbedarf, welcher sich stetig vergrössern wird. Dies hat indirekt Auswirkungen auf die Sicherheit. Denn so können die heutigen Normen nicht umgesetzt werden und der Umbau von BehiG-konformen Bahnhöfen verzögert sich um weitere vier Jahre. Der Zustand von nicht sicherheitskonformen Bahnhöfen wird somit über eine längere Frist «geduldet», was zwangsläufig zu gewissen Kompromissen in der Sicherheit führt, da bereits heute gewisse Sicherheitsnormen nicht vollständig abgedeckt werden können. Der Bundesrat nimmt hier bewusst zusätzliche Risiken in Kauf.
  • Verfügbarkeit, Resilienz und Qualität des Netzes?
    Die Verfügbarkeit, Resilienz und Qualität des Netzes nehmen ab. In der Schweiz haben wir heute eine ausserordentlich hohe Qualität, was den öffentlichen Verkehr allgemein betrifft, die Bahnen leisten hier besondere Arbeit und wir können uns glücklich schätzen mit der allgemeinen Pünktlichkeit, Verfügbarkeit und Qualität des Netzes. Unsere Nachbarländer schauen mit viel Anerkennung auf unser System, insbesondere auf unser hochpräzises und funktionierendes Bahnsystem. Mit einem «Sparen am falschen Ort», was den Unterhalt betrifft, riskieren wir jedoch, die ähnlichen Fehler zu machen, wie gewisse unserer Nachbarländer.
  • optimale und diskriminierungsfreie Nutzung der vorhandenen Kapazitäten?
    Es braucht eine saubere politische Entscheidung, welche finanziellen Kapazitäten wie eingesetzt werden und wenn man sich für zusätzliche Ausbauten entscheidet, muss der Unterhalt und Betrieb gewährleistet und ausfinanziert sein. Ist dies nicht vollständig der Fall, müssen Priorisierungen vorgenommen werden, aber nicht zu Lasten des Unterhalts.
  • langfristiger Werterhalt der Infrastruktur?
    Um den langfristigen Werterhalt der Infrastruktur zu garantieren, müssen genügend Mittel für den Unterhalt eingeplant werden. Wird dies am falschen Ort gemacht, riskiert man, mehr Geld investieren zu müssen, um «Notreparaturen» zu tätigen und hat weniger Geld, um Projekte, neue Strategien (wie ETCS / ERTMS) oder die Grundinfrastruktur zu erhalten. Dies kommt wiederum nicht dem Werterhalt der Infrastruktur zu Gute.
  • Effizienz und Nachhaltigkeit?
    Es besteht das Risiko, dass wir lediglich einen immer grösser werdenden Berg an Nachholbedarf vor uns herschieben, welcher nicht abgetragen werden kann. Entsprechend wäre die Nachhaltigkeit nicht gegeben. Wir vermissen eine gesamtheitliche mittel- bis langfristige Strategie, welche so in dieser Form nicht erkennbar ist.

 

4. Sind Sie der Ansicht, dass noch weitere Ziele in die Leistungsvereinbarungen aufgenommen werden sollten?
Die Modernisierung und Digitalisierung der Infrastruktur sollte mittels ERTMS/ETCS aktiv vorangetrieben werden, damit auch in Zukunft die Sicherheit und die Verfügbarkeit der Anlagen gewährleistet ist und dies, unter Berücksichtigung der neusten Sicherheitsstands. Dies findet in dieser Vorlage zu wenig Berücksichtigung. Ebenso sollten die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) bei der Umstellung auf den neuen Standard unterstützt werden, um eine Umstellung auch für kleinere EVU bezahlbar zu machen. Von der Digitalisierung profitieren im Endeffekt die Kundinnen und Kunden, da so mit relativ tiefen Investitionskosten der Automatisierungsgrad erhöht und der Betrieb günstiger produziert werden kann. Wir laden den Bundesrat ein, konkret in die Digitalisierung des Bahnsystems zu investieren, wie wir dies als Partei bereits mehrfach gefordert haben. Wir möchten als Schweiz auf den Digitalisierungszug aufspringen, um den Anschluss nicht zu verpassen, und hier weiterhin eine Vorreiterrolle einnehmen zu können.

 

5. Haben Sie Bemerkungen zum Netzzustand?
Der Netzzustand ist ein wichtiger Indikator, insbesondere was den Nachholbedarf betrifft. Da der Netzzustand, insbesondere bei den grösseren Netzbetreibern nicht wirklich zufriedenstellend ist, erwarten wir hier konkrete Verbesserungsmassnahmen, um die Sicherheit auf dem Schienennetz langfristig zu gewährleisten.

 

Verpflichtungskredit für private Güterverkehrsanlagen

 

6. Wird die Vorlage von Ihnen grundsätzlich unterstützt?
Ja. Das Netz der Umschlags- und Verladeanlagen soll weiter gefördert und weiterentwickelt werden. Dies sind neuralgische Punkte in den Logistikketten. Moderne und effiziente Umschlagsanlagen sind entscheidend an der Schnittstelle der multimodalen Transportketten. Die gesamte Schweiz profitiert davon, wenn diese Umschlagsplattformen modernisiert werden. Es ist im Interesse der Schweizer Volkswirtschaft, Gesellschaft und Umwelt, dass der Anteil der Schiene erhöht werden kann. Der Schienengüterverkehr soll auch seinen Beitrag zum Netto-Null-Ziel bis 2050 leisten.

 

7. Ist der für die Finanzierung von privaten Güterverkehrsanlagen vorgesehene Betrag in seiner Höhe angemessen?
Die Grünliberalen begrüssen die Mitfinanzierung von Güterverkehrsanlagen in den Jahren 2025-2028 und hoffen, dass der Verpflichtungskredit von 185 Millionen Franken für Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen ausreichend ist, um den Schienengüterverkehr weiter zu modernisieren bzw. zu fördern. Das Ziel muss sein, so viele Güter wie möglich auf die Schiene zu bringen.

 

Weitere Bemerkungen

 

8. Gibt es weitere Themen, bei denen Überprüfungs- oder Reformbedarf besteht?
Wir haben insbesondere zu folgenden Themen spezifische Bemerkungen:

  • Finanzierung Ausbauprojekte via Leistungsvereinbarung (LV)
    Mit der Ausbauetappe 2035 werden Projekte von ungefähr 1 Mia. Franken mittels der Leistungsvereinbarungen finanziert. Diese Querfinanzierung des Geldtopfes «Substanzerhalt» für konkrete Ausbauprojekte ist schwer verständlich, insbesondere, da dies bei den vorgängigen Ausbauetappen (besonders ZEB) noch ganz anders gehandhabt wurde. Hier werden zwei Elemente vermischt, die Leistungsvereinbarung soll in erster Linie den Unterhalt und den Betrieb der Infrastruktur sicherstellen und nicht für den Ausbau «zweckentfremdet» werden, wie dies heute der Fall ist. Wir möchten anregen, entsprechende Geldbeträge entweder in einem zu definierenden Unter-Geldtopf des BIFs zu reservieren und den Infrastrukturbetreibern im Rahmen der Ausbauetappen zur Verfügung zu stellen. Alternativ müssten die gesetzlichen Grundlagen so angepasst werden, dass die Finanzierung für die Ausbauetappen gesichert und notwendige Erneuerungen von Infrastruktur hinsichtlich eines Ausbauprojekts rechtzeitig gewährleistet werden. Mit dem heutigen System werden Ausbauprojekte, welche via die LV finanziert werden, klar benachteiligt, da der Unterhalt und Betrieb einer Anlage immer Vorrang hat (was auch in Zukunft so sein wird) und entsprechend werden Ausbauprojekte in der LV mit hoher Wahrscheinlichkeit depriorisiert, da für diesen Teil kein Geld mehr zur Verfügung steht.
  • Strikte Trennung Substanzerhalt und Ausbauprojekte
    Ausserdem soll überprüft werden, ob es Sinn macht, die Ausbauprojekte und die Substanzerhalt-Projekte so strikt zu trennen, wie dies heute der Fall ist. Eigentlich müsste der Fokus auf dem effizienten Mitteleinsatz des Bahninfrastrukturfonds liegen und nicht in einer konsequenten Trennung von Ausbau und Substanzerhalt, wie dies heute der Fall ist. Vielleicht müsste hier ebenso die gesetzliche Grundlage angepasst werden, um mehr Klarheit und weniger unnötigen administrativer Aufwand auszulösen.
  • Organisation zukünftige Leistungsvereinbarung
    Wir vermissen insbesondere eine langfristige finanzielle Perspektive. Hier zwei Vorschläge dazu:
    • Wenn Mitte Jahr 2024 die Leistungsvereinbarungen für die Jahre 2025-2028 abgeschlossen werden, führt dies zu einem hohen Grad an Unsicherheit in der Finanzierung und Planung von Projekten, da diese in der Regel etwa sechs bis acht Jahre dauern. Besonders bei Projekten mit Ausbauanteilen (siehe Abschnitte oben) löst dies eine Planungsunsicherheit bei Betreibern und Bestellern (Kantone) aus, was so nicht tragbar ist, da sie konkrete Auswirkungen auf die Inbetriebnahmen von Angeboten haben kann. Um eine saubere Planung in Zukunft sicherzustellen, schlagen die Grünliberalen vor, die Leistungsvereinbarungen jeweils zwei Jahre vor der jeweiligen Periode zu unterzeichnen und nicht wie heute im Verlauf des Vorjahres. Hierbei sollte die gesetzliche Grundlage für die kommenden Leistungsvereinbarungen so angepasst werden, dass die Vereinbarungen für die Jahre 2029-2032 bis spätestens Anfangs 2027 unterzeichnet werden müssen.
    • Ein zweiter Vorschlag betrifft die Dauer der Leistungsvereinbarungen: Vier Jahre als Leistungsvereinbarungsperiode ist tendenziell zu knapp bemessen, da Projekte zwischen sechs bis acht Jahre in Anspruch nehmen und auch hier eine Planung schwierig ist, wenn alle vier Jahre der Kostenrahmen neu beurteilt wird. Eine Verlängerung der Leistungsvereinbarungsperioden hat einen positiven Einfluss auf die Planungssicherheit von allen Beteiligten.
  • Digitalisierung
    Die Grünliberalen möchten anregen, die Digitalisierung (siehe vorhergehende Kapitel) und den Einsatz neuer Technologien (wie ERTMS, ETCS, etc.) stärker voranzutreiben. Hierbei soll ein angemessener finanzieller Beitrag eingeplant werden, welcher den Bahnen ermöglicht, ganze Strecken mit diesen neuen Technologien auszustatten. Hierbei müsste man aus unserer Sicht den Finanzrahmen erhöhen, um dies zu gewährleisten und auch entsprechend in diese Technologien zu investieren. Dies hat einen positiven Gesamtnutzen für das System und insbesondere könnte dies rasch einen positiven Nutzen für die nächsten Ausbauetappen (insbesondere 2035) erwirken.
  • Strecken mit tiefem Kostendeckungsgrad
    Aufgrund unserer begrenzten finanziellen Mittel müssen wir eine Priorisierung vornehmen und es sollte eine Überprüfung aller Linien durchgeführt werden. Bei Linien mit zu einem zu tiefem Kostendeckungsgrad und keinem «Zusatznutzen» (Ausweichstrecke für eine Hauptstrecke, etc.), muss ein Alternativkonzept erarbeitet werden, um zu überprüfen, ob das Kosten- Nutzen-Verhältnis wirklich noch den Betrieb und den Unterhalt der Linie rechtfertigt. Das Bundesamt für Verkehr soll hierbei die entsprechenden Linien mit einem zu kleinen Kostendeckungsgrad (<25%) analysieren und Ersatzmassnahmen prüfen und allfällige Alternativen ausarbeiten. Dies soll im Besonderen dazu dienen, zu prüfen, welche Infrastrukturen/Linien mit einem sehr geringen Kundennutzen rückgebaut werden könnten und mit einem Busersatzkonzept besser und günstiger bedient wären. Hier sind insbesondere die anstehenden Unterhaltskosten auf den betroffenen Linien in den nächsten Jahren mitzuberücksichtigen, um das Ziel (Einsparungen im Unterhalt) erreichen zu können.

 

9. Haben Sie sonstige Bemerkungen?

Auf Grund der Teuerung werden gemäss der vorliegenden Vernehmlassung den Infrastrukturbetreiberinnen für die Jahre 2025-2028 real weniger Mittel zur Verfügung stehen, als in der laufenden Periode, obwohl die Bedürfnisse in Unterhalt und Betrieb auf Grund der Inbetriebnahmen von neuen Infrastrukturen infolge von beschlossenen Ausbauetappen stetig steigen und sich dieser Bedarf mit der Umsetzung der Ausbauetappe 2025 noch weiter akzentuieren wird. Der langfristige Mitteleinsatz muss hier korrekt sichergestellt werden.

Werden neue Ausbauetappen beschlossen, müssen die nötigen mittel- und langfristigen Infrastrukturkosten mitberücksichtigt werden. Idealerweise sollten diese bei der Entscheidung miteinbezogen werden. Dies bedeutet: Mit jedem neuen Ausbauprojekt der Infrastruktur braucht es mehr Geld für den Unterhalt und dies muss auch entsprechend zur Verfügung gestellt werden.