Donnerstag, 14. Mai 2020

Pa. Iv. 19.475 “Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren”

Die Grünliberalen fordern schon seit Langem einen Ausstieg aus den Pestiziden. Die Schweizer Gewässer und Böden sind stark mit Pestiziden belastet. Das ist nicht nur ökologisch problematisch, sondern hat auch Konsequenzen für unser Trinkwasser. Es ist offensichtlich, dass ein akuter Handlungsbedarf besteht. Die bisher unternommenen Schritte sind klar ungenügend und kommen viel zu langsam voran.

So hat glp-Nationalrätin Tiana Moser im Jahr 2012 einen Aktionsplan zur Risikominimierung und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln gefordert (Postulat 12.3299). Es dauerte bis 2017, bis der Bundesrat den Aktionsplan Pflanzenschutzmittel (PSM) verabschiedet hat. Damit dieser nicht zur Scheinlösung wird, hat Nationalrätin Moser unmittelbar darauf verlangt, dass die nötigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitgestellt werden, um die Ziele des Aktionsplans PSM zu erreichen (Motion 17.3950). Der Bundesrat hat unverständlicherweise die Ablehnung der Motion beantragt. Ins gleiche (traurige) Bild passen die Ergebnisse des Berichts zu den Umweltzielen Landwirtschaft, welchen der Bundesrat in Erfüllung eines Vorstosses von glp-Nationalrätin Kathrin Bertschy vorgelegt hat (Postulat 13.4284). Das erschütternde Ergebnis: Keines des Umweltziele Landwirtschaft wird vollständig erreicht, so namentlich beim Stickstoff (Ammoniak, Nitrat), der die Gewässer ebenfalls stark belastet.

 

Im Rahmen der Beratungen zur Trinkwasserinitiative hat Nationalrätin Bertschy diese Anliegen in Form eines direkten Gegenentwurfs erneut aufgenommen und verlangt, dass die Einträge von Stoffen aus der Landwirtschaft wie Dünger und PSM auf ein für das Ökosystem nachhaltig verträgliches Mass zu reduzieren. Der Nationalrat hat das abgelehnt.

 

Dabei sind die Zahlen zum Rückgang der Artenvielfalt und der Biodiversität alarmierend: In den letzten 27 Jahren wurde ein Rückgang von 75% der Insektenbiomasse verzeichnet. Auch die Populationen der insektenfressenden Vögel sind als direkte Folge des Nahrungsmangels im gleichen Zeitraum um 60% eingebrochen. 40% der Brutvogelarten in der Schweiz sind gefährdet. Auch Populationen von Feldhasen, Fledermäusen, Amphibien und Reptilien leiden unter den negativen Folgen von Pestiziden.

 

Ein gefährlicher Cocktail aus verschiedenen Wirkstoffen hat sich in Oberflächengewässer und Grundwasser angesammelt. Vermutet wird, dass sich die Effekte gegenseitig beeinflussen und verstärken können. Studien der Eawag zeigen, dass ökotoxikologische Grenzwerte in Oberflächengewässern an mehreren Standorten über teilweise längere Zeiträume überschritten werden. Negative Effekte auf Fische und Wirbellose sind nachweisbar, selbst in Konzentrationen im Pikogrammbereich.

 

Die Wissenslücken bezüglich humantoxischer und ökotoxischer Effekte von Pflanzenschutzmitteln sind gross. Die Wirkstoffe wurden teilweise vor Jahrzehnten zugelassen, als die Wissenschaft noch weniger weit fortgeschritten und die Zulassungsauflagen weniger streng waren. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass viele Wirkstoffe und ihre Abbauprodukte schädlicher und persistenter sind als bisher angenommen.

 

Vor diesem Hintergrund begrüssen die Grünliberalen den vorliegende Gesetzesentwurf für einen Absenkpfad für Pestizide (Reduktion um 50% bis 2027). Es ist richtig und wichtig, die im Aktionsplan PSM anvisierten Reduktionsziele gesetzlich zu verankern und dadurch verbindlich zu machen. Die Grünliberalen fordern allerdings eine ambitioniertere Absenkung des Risikos:

 

  • Reduktion um mindestens 50% bis 2027,
  • Reduktion um 70% bis 2035 (gemäss Minderheitsantrag) sowie
  • Reduktion um 90% bis 2040.

 

Die effektive Reduktion des Pestizideinsatzes, ein umfassendes Informationssystem (Monitoring), Expositionsreduktionsmassnahmen sowie ein oder mehrere geeignete Risikoindikatoren, welche die Toxizität sowie den Einsatz der Pestizide berücksichtigen, sind unabdingbar für den Erfolg des Absenkpfades. Zudem muss konkretisiert werden, welche wirkungsvollen Massnahmen der Bundesrat bei einer Zielverfehlung treffen wird. Dazu gehört auch eine Lenkungsabgabe auf Pflanzenschutzmittel.