Mittwoch, 7. September 2022

21.403 Pa. Iv. WBK-N. Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung

Die Grünliberale Partei erachtet die Förderung der familienexternen Kinderbetreuung als effektive und naheliegende Massnahme, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken, die Erwerbstätigkeitsquote in der Schweiz nachhaltig zu erhöhen, die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben und die Chancengleichheit von Kindern zu verbessern. Deshalb begrüssen wir die Vernehmlassungsvorlage zur Parlamentarischen Initiative 21.403 der WBK-N und die damit einhergehende Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung. Im Folgenden übermitteln wir Ihnen unsere Begründung für die Unterstützung der Vorlage, sowie punktuelle Anpassungsvorschläge.

Zum Vorentwurf «Bundesgesetz über die Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung und der Kantone in ihrer Politik der frühen Förderung von Kindern (UKibeG)»

 

Im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung besteht aus Sicht der Grünliberalen aus verschiedenen Gründen Handlungsbedarf. In vielen Branchen ist die Schweiz mit einem prekären Arbeitskräftemangel konfrontiert, der sich in den kommenden Jahren voraussichtlich weiterhin akzentuieren wird. Das Potenzial der Erwerbsbevölkerung muss deshalb dringend besser ausgeschöpft werden. Die Förderung der familienexternen Kinderbetreuung ist hierfür ein naheliegendes Instrument. Denn die Daten zeigen: In der Schweiz ist die Erwerbstätigkeit zwar allgemein hoch, jedoch sind gerade Frauen überwiegend in eher tiefen Teilzeitpensen tätig. Als Grund werden häufig die im europäischen Vergleich hohen finanziellen Aufwände für die familienexterne Kinderbetreuung aufgeführt. Auch bewirken das teilweise mangelhafte Angebot von Betreuungsplätzen sowie die erschwerte Vereinbarkeit mit der beruflichen Tätigkeit, dass sich viele Elternpaare für eine Reduktion der Erwerbstätigkeit entscheiden. Ein attraktiveres und niederschwelliges Angebot an familienergänzender Kinderbetreuung würde das brach liegende Potenzial von Arbeitnehmenden in der Schweiz besser ausschöpfen und wäre damit ein sinnvolles Mittel, um den Arbeitskräftemangel abzufedern. Die Einführung eines Mindestbeschäftigungsgrads der Eltern als Voraussetzung für den Anspruch auf Bundes-Betreuungsbeiträge erachten wir als prüfenswerten Anreizmechanismus.

 

Die Förderung der familienexternen Kinderbetreuung trägt auch dazu bei, die Gleichstellung innerhalb der Gesellschaft voranzutreiben, was ein Verfassungsauftrag des Bundes ist. Vorwiegend Frauen entschliessen sich aufgrund eines mangelhaften Angebots oder hoher finanzieller Aufwände für die Kinderbetreuung dazu, über mehrere Jahre ihr Erwerbspensum zu reduzieren. Dies trägt – neben anderen Umständen – dazu bei, dass Frauen in Kaderpositionen noch immer untervertreten sind. Eine längere Berufspause oder ein reduziertes Erwerbspensum führt wiederum zu Lücken in der Altersvorsorge. Als Folge sind mehrheitlich Frauen von Alters­armut betroffen.

 

Kinder profitieren bei familienexterner Betreuung von einer vielfältigeren Förderung ihrer Entwicklung. Der erleichterte Zugang zu Betreuungsangeboten kommt insbesondere auch Kindern aus sozial benachteiligten Familien, wie auch Kindern mit Mitrationshintergrund zugute und trägt damit zur Chancengleichheit bei.

 

Wir begrüssen zudem, dass die Vorlage die Kompetenzaufteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden respektiert und die Organisationsfreiheit von Kantonen, Städten und Gemeinden gewährleistet. Gleichzeitig erachten wir es als zielführend, dass der Sockelbeitrag des Bundes zuhanden der anspruchsberechtigten Familien unabhängig von Einkommen und Vermögen ausgerichtet wird. Dies kommt insbesondere auch Familien des Mittelstands zugute: Für diese Familien wiegen die hohen Fixkosten für familienexterne Kinderbetreuung derzeit besonders schwer. So lassen sich negative Erwerbsanreize reduzieren, welche heute begünstigen, dass sich Familien aus finanziellen Gründen für eine Senkung ihres Erwerbspensums entschliessen. Mit dem Zusatzbeitrag besteht zudem ein Anreizmechanismus für die Kantone, ihre Unterstützungsbeiträge an die Familien zu erhöhen, was wir ausdrücklich unterstützen.

 

Ebenfalls begrüssen wir, dass der Vorentwurf die Wahl verschiedener Betreuungsmodellen ermöglicht. So werden Betreuungsbeiträge nicht nur für die Betreuung in privaten oder öffentlichen Einrichtungen, wie Kindertagesstätten, ausgerichtet, sondern auch für Tagesfamilien, die in Vereinen organisiert sind. Da die Bedürfnisse der Kinderbetreuung sehr unterschiedlich sein können, erachten wir es als wichtig, dass der Staat hier möglichst wenig Einschränkungen macht. Um die Wahlfreiheit für alle Eltern, unabhängig ihrer Arbeitszeiten zu gewährleisten, ist eine Ergänzung wünschbar, wonach auch private «Nannies» unter den Geltungsbereich des Gesetzes fallen (vgl. Anmerkung zu Art. 3 Bst. b).

 

Weiter dient die Vorlage der Förderung der Standortattraktivität. Der Wirtschaftsstandort Schweiz profitiert von einem gut ausgebauten Angebot in der familienergänzenden Kinderbetreuung. In diesem Zusammenhang ist auf die vom Bundesrat unterbreitete Umsetzung der OECD-Mindeststeuer hinzuweisen. Der Bundesrat schlägt vor, 25 Prozent der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer dem Bund zukommen zu lassen, welche zweckgebunden für die Förderung der Attraktivität des Standorts Schweiz eingesetzt werden sollen. Die Vernehmlassungsvorlage erachten wir als wesentliches Element der Standortförderung, welche in Genuss dieser Zweckbindung kommen sollte.

 

Zum Vorentwurf «Bundesbeschluss über die Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung und der Kantone in ihrer Politik der frühen Förderung von Kindern»

 

Wir unterstützen, dass der Bund den Kantonen auf der Basis von Programmvereinbarungen globale Finanzhilfen gewähren kann. Damit sollen die familienergänzende Kinderbetreuung sowie ihre Politik der frühen Förderung von Kindern weiterentwickelt werden, was wir begrüssen und den Verpflichtungskredit daher mittragen.