Montag, 1. März 2021

Stellungnahme zu einem neuen Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ)

Die Grünliberalen sehen in der Digitalisierung grosse Chancen. Sie führt zu Innovation und verbessert die Effizienz. Die Grünliberalen begrüssen daher, dass eine Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz geschaffen werden soll. Diese ist überfällig und so rasch wie möglich einzuführen. Ebenso wird begrüsst, dass die Behörden und Gerichte verpflichtet werden sollen, die elektronische Akte als massgebliche Verfahrensakte einzuführen.

Allgemeine Beurteilung der Vorlage

Das Ziel muss eine sichere und einfache elektronische Kommunikation in der Justiz zwischen Privaten und Behörden sowie zwischen den Behörden sein, und zwar über alle Stufen hinweg (Bund, Kantone, Bezirke etc.). In der Praxis hat sich gezeigt, dass die elektronische Kommunikation sowohl von den Parteien als auch von den Behörden und Gerichten gewünscht ist, jedoch an der Umsetzung und einheitlichen Handhabung scheitert. Die Stossrichtung des Gesetzesentwurfs, eine gesamtschweizerische, zentrale Plattform einzurichten, ist daher richtig und wird unterstützt. Zentral ist, dass die Plattform rasch eingeführt wird und dass ihre Handhabung für die betroffenen Personen und Behörden einfach und unkompliziert ist.

 

Im erläuternden Bericht fehlen Hinweise zu vergleichbaren Plattformen im Ausland. Die Grünliberalen erwarten, dass Erfahrungen aus anderen Ländern (Nachbarländer wie Österreich, aber auch weiter entfernte Länder mit innovativen Lösungen) ausgewertet und für die Schweiz nutzbar gemacht werden. Das dient der raschen Einführung der Plattform.

 

Die gesetzlichen Grundlagen sind technologieneutral auszugestalten, um für technische Entwicklungen offen zu bleiben. Insel- bzw. Silo-Lösungen sind zu vermeiden, und das System ist so auszugestalten, dass es möglichst einfach erweitert werden kann. Das mittel- und langfristige Ziel muss das Zusammenführen mit weiteren Bereichen des E-Governments sein. Dabei ist beispielsweise an Betreibungs- und Konkursverfahren, die internationale Rechtshilfe sowie an die verschiedenen Register (Grundbuch, Handelsregister etc.) zu denken. Es ist daher verfehlt, wenn im erläuternden Bericht (Ziff. 2.2.1) angekündigt wird, dass für das interne Verwaltungsverfahren vor Bundesbehörden eine eigene Austauschplattform geschaffen werden soll. Das geht in die falsche Richtung. Im Minimum ist sicherzustellen, dass mittelfristig beide Plattformen verknüpft werden können.

 

 

Bemerkungen zu einzelnen Themenbereichen

Gründung einer Körperschaft zum Aufbau und Betrieb der Plattform (Art. 3 VE-BEKJ)

Gemäss Vorentwurf ist geplant, dass Bund und Kantone zum Aufbau und Betrieb der Plattform eine Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit gründen. Die Grünliberalen stehen diesem Vorhaben skeptisch gegenüber. Es erscheint unnötig aufwändig und teuer und könnte zu weiteren Verzögerungen führen. Stattdessen ziehen die Grünliberalen eine Lösung vor, wie sie in Artikel 4 VE-BEKJ als subsidiäre Zuständigkeitsregelung vorgesehen ist: Eine Verwaltungseinheit der zentralen Bundesverwaltung übernimmt die Trägerschaft der Plattform und wird von einem Beirat fachlich begleitet. Diesem sollten insbesondere auch Vertreter der Gerichte angehören.

 

In Artikel 5 VE-BEKJ ist vorgesehen, dass die Körperschaft neben der Plattform weitere Dienstleistungen «für die elektronische Kommunikation in Justizverfahren» anbieten kann, insbesondere zur Durchführung von Video- und Telekonferenzen. Die Grünliberalen lehnen das ab. Sollte am Vorhaben einer neuen Körperschaft festgehalten werden, sind deren Tätigkeiten auf das nötige Minimum zu beschränken. Sie dürfen nicht auf Gebiete ausgeweitet werden, in denen Lösungen von privaten Anbietern bestehen.

 

Datenschutz und Informationssicherheit (Art. 26 und 27 VE-BEKJ)

Die Grünliberalen erwarten, dass dem Datenschutz und der Informationssicherheit in diesem sensiblen Bereich ein grosser Stellenwert eingeräumt werden. Sie begrüssen daher, dass die Daten der Plattform nach schweizerischem Recht in der Schweiz gehalten und bearbeitet werden sollen. Auch ist durch entsprechende Vorgaben eine hohe Datensicherheit zu gewährleisten.

 

Gebühren (Art. 31 VE-BEKJ)

Die Grünliberalen begrüssen, dass die Gebühren für die Benutzung der Plattform nicht direkt bei den Benutzerinnen und Benutzern der Plattform erhoben werden sollen, sondern bei den Behörden. Demgegenüber lehnen sie die Aussage im erläuternden Bericht (Ziff. 2.2.2.4) ab, wonach die Gerichte und Behörden die Gebühren im Rahmen der jeweiligen Verfahrensgebühren den Verfahrensbeteiligten überwälzen können. Wie im Bericht selbst ausgeführt wird (Ziff. 2.2.2.3), ergeben sich aus der Plattform verschiedene Einsparungspotentiale. Diese sind vollumfänglich auszuschöpfen. Auf Gebührenerhöhungen ist daher zu verzichten.

 

Obligatorium zur Benutzung des elektronischen Rechtsverkehr für gewisse Personengruppen

Die Grünliberalen begrüssen, dass für die Gerichte, Behörden und professionellen Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender – insbesondere die Anwaltschaft – ein Obligatorium zur Nutzung der Plattform eingeführt werden soll. Das wird dazu beitragen, dem elektronischen Geschäftsverkehr in diesem Bereich endlich zum Durchbruch zu verhelfen. Für alle anderen Personen müssen der Zugang und die Handhabung des elektronischen Rechtsverkehrs möglichst einfach und hürdenfrei ausgestaltet sein.

 

Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen

In den Vernehmlassungsunterlagen wird dazu eingeladen zur Frage Stellung zu nehmen, ob das Bundesgericht oder der Bundesrat zuständig sein soll, um die Ausführungsbestimmungen (Verordnungen) zur Vorlage zu erlassen. Für die Grünliberalen ist wichtig, dass die Organisationsautonomie der Gerichte respektiert wird. Das ist ein Gebot der Gewaltenteilung. Die Gerichte und sonstigen Behörden sollen daher weiterhin befugt sein, die Ausführungsvorschriften zu erlassen, soweit es ihren organisatorischen Zuständigkeitsbereich betrifft.

 

Urteilspublikation

Die Vorlage bietet die Gelegenheit, die technischen und rechtlichen Voraussetzungen für eine zentrale Urteilspublikation zu schaffen. Dadurch würde der Zugang zum Recht verbessert und der Aufwand für den Betrieb und die Konsultation der verschiedenen Publikationsplattformen reduziert. Konkret schlagen die Grünliberalen vor, im Entwurf eine Bestimmung zu ergänzen, wonach die Plattform für Gerichte und Behörden ein Modul für die Publikation von Entscheiden zur Verfügung stellt. Die über dieses Modul publizierten Entscheide wären frei zugänglich, d.h. ohne Authentifizierung.