Mittwoch, 14. März 2018

Gewässerschutzverordnung

Die Schweizer Gewässer und Böden sind stark mit Pestiziden und anderen Stoffen belastet. Das ist nicht nur ökologisch problematisch, sondern hat auch Konsequenzen für unser Trinkwasser. Schweizer Kleingewässer weisen eine Vielzahl von Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden in zu hohen Konzentrationen auf. Sowohl die geltenden als auch die zukünftigen ökotoxikologischen Grenzwerte wurden in keinem der untersuchten Gewässer eingehalten. Es ist offensichtlich, dass ein akuter Handlungsbedarf besteht.

Daher muss zwei zentralen Grundsätzen des Schweizer Umweltschutzrechts stärker Nachachtung verschafft werden: Präventiv dem Vorsorgeprinzip und repressiv dem Verursacherprinzip. Das Versuchersacherprinzip besagt, dass wer Massnahmen nach Umweltschutzgesetz verursacht, die Kosten dafür tragen muss. Und das Vorsorgeprinzip verlangt, dass im Sinne der Vorsorge Einwirkungen, die schädlich oder lästig werden könnten, frühzeitig zu begrenzen sind. Das Vorsorgeprinzip gilt insbesondere auch für die Ausgestaltung der Gewässerschutzgesetzgebung. Wissenschaftliche Abklärungen können nur punktuell und partiell durchgeführt werden und vermögen nicht die komplexe Realität ausreichend abzubilden. Eine konsequente Vorsorge ist auch deshalb nötig, weil immer wieder Stoffe aus dem Verkehr gezogen werden müssen, die sich im Nachhinein als umweltschädigend erwiesen haben. Es ist daher davon auszugehen, dass auch in Zukunft Revisionen von „sicheren“ Konzentrationen und Dosen vorgenommen werden müssen.

 

Für oberirdische Gewässer wird das Vorsorgeprinzip in Anhang 2 zur Gewässerschutzverordnung mit klaren Worten konkretisiert (Art. 11 Abs. 1 Bst. f): „Die Wasserqualität muss so beschaffen sein, dass Stoffe, die durch menschliche Tätigkeit ins Gewässer gelangen, die Fortpflanzung, Entwicklung und Gesundheit empfindlicher Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen nicht beeinträchtigen.“ An diesem Massstab messen die Grünliberalen die vorliegende Verordnungsanpassung. Daraus ergibt sich:

 

Die Grünliberalen beantragen:

- die höhere Gewichtung des Vorsorgeprinzips gegenüber der ökotoxikologischen Beurteilung. Zur Stärkung desTrinkwasserschutzes muss für die Umsetzung der Anforderungswerte für die Oberflächengewässer ein zeitliches Ziel vorgegeben werden, um den Aspruch des Vorsorgeprinzips und des Schutzes der Ressourcen gerecht zu werden;

- die Einführung von Vorsorgewerten mit einer Deckelung gegen oben. Im Oberflächengewässer darf die Konzentration der einzelnen Pestizide oder relevanten Metaboliten höchstens 0.1μg/l betragen;

- die Regulierung von Stoff-Cocktails auf der Basis des Vorsorgeprinzips. Die Kombinationswirkung von Pestiziden und Fremdstoffen muss berücksichtigt und im Vollzug einfach behandelt werden. Bei den numerischen Anforderungen beantragen die Grünliberalen, dass sowohl für Oberflächengewässer als auch für Grundwasser ein Summenparameter für Pestizide in die Gewässerschutzverordnung aufgenommen wird. Der Grund dafür ist, dass die Gewässerlebewesen permanent einem «Cocktail» vieler verschiedener Stoffe ausgesetzt sind und deren Belastung mit einer Einzelsubstanzbewertung wissenschaftlich nur unzureichend eingeschätzt werden kann. Da Oberflächengewässer häufig durch Infiltration mit dem Grundwasser verbunden sind, spielt deren Qualität letztlich auch eine wichtige Rolle für die Trinkwasserversorgung aus Grundwasser. Die Bodenpassage bietet dabei nur einen beschränkten Schutz. Sind Stoffe erst einmal in den Untergrund eingedrungen, bleiben sie dort für Jahre oder Jahrzehnte;

- die Verschärfung des Zulassungsverfahrens von Pestiziden zugunsten des Gewässer- und Trinkwasserschutzes Die Zulassungspraxis von Pestiziden ist zugunsten des Gewässer- und Trinkwasserschutzes auszurichten und damit klar zu verschärfen. Die wassergängigen Pestizide, die heute in Fassungen nachgewiesen werden können, sind zu verbieten. Die involvierte Zulassungbehörde muss neutral und unabhängig sein und transparent arbeiten.

 

Demgegenüber begrüssen die Grünliberalen folgende Elemente der Vorlage:

- die Verschärfung der numerischen Anforderungswerte für besonders problematische Stoffe. Für sämtliche Problemsubstanzen gleich welcher Art sind ökotoxikologisch begründete tiefere Werte notwendig. Damit soll insbesondere erreicht werden, dass Gewässer durch Direkteinleitungen nicht (zusätzlich) beeinträchtigt werden (u.a. Verhinderung von Cocktail-Problemen);

- die Ausweitung von numerischen Anforderungswerten auf Industriechemikalien sowie Human- und Veterinärpharmaka. Viele kritische Stoffe waren bisher bezüglich Anforderungswerte in der GSchV nicht geregelt. Die zwei wichtigsten Quellen von unerwünschten Fremdstoffen in Gewässern sind dabei die Landwirtschaft sowie Einleitungen von gereinigtem Abwasser in die Gewässer. Hinzu kommen weitere Einträge aus der Industrie, dem Gewerbe, Altlasten von Verkehrswegen und von privaten Anwendern. Die Ausweitung der verbindlichen Anforderungswerte auf diese neuen Stoffgruppen (Pharmaka- und Pestizid-Rückstände) ist aus Sicht des Trinkwasserschutzes sehr zu begrüssen.

 

Insgesamt muss das Ziel aller dieser Massnahmer eine im Vergleich zu heute deutlich tiefere Belastung der Gewässer sein. Die Grünliberalen weisen in diesem Zusammenhang auf die Motion 17.3950 von Nationalrätin Tiana Moser hin. Diese verlangt vom Bundesrat, die nötigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitzustellen, um die im Aktionsplan Pflanzenschutzmittel definierten Ziele innerhalb definierter Fristen zu erreichen.