Donnerstag, 3. September 2020

Revision der Stromversorgungsverordnung (Art. 8a)

Die Grünliberalen begrüssen, dass der Zugang der Endverbraucher zu den von Smart Metern erfassten Messdaten verbessert werden soll. Die Abwälzung der Kosten auf die Netzkosten ist abzulehnen, da dies zu einer Marktverzerrung führt. Die vorliegende Revision ist ein kleiner Zwischenschritt in die richtige Richtung. Für eine effizientes, smartes Stromsystem braucht es in naher Zukunft weitere Anpassungen (u.a. Datenzugang für Dritte in Echtzeit).

Es ist zu begrüssen, dass Endverbraucherinnen und -verbraucher unentgeltlich Zugang zu einer Visualisierung der Messdaten erhalten sollen. Transparenz über den Stromkonsum und -produktion ermöglicht eine Verhaltensänderung und eine grössere Stromeffizienz. Erfahrungen aus der Vergangenheit haben jedoch gezeigt, dass eine reine Datenvisualisierung nur einen kurzfristigen Effekt auf das Nutzerverhalten hat und der Nutzen gering ist. Um weiter von der Innovationskraft der Digitalisierung zu profitieren, gilt es die Systeme zu automatisieren. Insbesondere der Datenzugang muss für Drittanbieter offen sein, wie es ansatzweise im geltenden Recht (Art. 8a Abs. 1 StromVV) geregelt ist. Um dies zu ermöglichen, müssen die Schnittstellen standardmässig «geöffnet» werden.

 

Stellungnahme zu einzelnen Aspekten der Vorlage

 

Abwicklung über die Netzkosten führt zu weiterer Marktverzerrung

Im erläuternden Bericht wird erwähnt, dass die Energieversorgungsunternehmen (EVU) die Kosten für die Einführung der Datenvisualisierung und Datenaufbereitung über die Netzkosten abwickeln können. Schon heute besteht das Problem, dass EVU ihre Messkosten zum Teil nicht transparent ausweisen und diverse Kosten über die Netzkosten abwälzen. Das führt zu einer Verzerrung der Kosten und zu Intransparenz in den Werteflüssen. Diese Marktverzerrung spielt insbesondere gegenüber den von den EVU unabhängigen Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch (ZEV) eine Rolle und benachteiligt diese.

 

Die Grünliberalen fordern eine strikte Trennung von Mess- und Netzkosten, was zu mehr Transparenz und Kosteneffizienz führt. Diese Trennung kann über eine Liberalisierung des Messwesens erreicht werden, was die Grünliberalen seit langem fordern.

 

Täglicher Datenabruf entspricht nicht dem Stand der Technik

Artikel 8a Absatz 1 Buchstabe c des Entwurfs sieht vor, dass  «Endverbraucher, Erzeuger und Speicherbetreiber ihre Messdaten abrufen und mindestens einmal täglich (…) herunterladen können.» Der tägliche Datenabruf entspricht der gängigen Praxis der EVU, wiederspiegelt aber nicht den Stand der Technik. Heute sind Datenabrufe in Echtzeit problemlos möglich.

 

Die Branche tendiert heute zu neuen Tarifmodellen (Einführung von verursachergerechten Leistungstarifen), um die Netzbelastung besser zu regulieren. EVU können dynamische Preismodelle mit stündlich unterschiedlichen Preisen einführen. Gerade in diesem Fall bringt die tägliche Datenauswertung für den Konsumenten wenig; es muss möglich sein, in Echtzeit zu reagieren. Bei dynamischen Preismodellen sollte der Energieversorger daher verpflichtet sein, die Messdaten in kürzeren Intervallen zur Verfügung zu stellen.

 

Zugang zum Zähler für Dritte muss gewährleistet sein

Im Bereich «Smart Energy» muss zwischen Energiemanagement und Administration/Verrechnung unterschieden werden. Für das Energiemanagement sind Daten in Echtzeit (Sekunden, Minuten) notwendig. Für weitere Prozesse wie die Abrechnung genügen hingegen zeitverzögerte Werte im 15-Minuten-Format.

 

Das Potential für die Energieoptimierung liegt weniger in der Visualisierung als in der automatischen Steuerung und in finanziellen Anreizen für den Kunden. Dabei ist entscheidend, dass Drittanbieter direkten Zugang zu den Smart Metern mit Real-Time-Datenverarbeitung erhalten. Die Datenhoheit liegt beim Endkunden, und eine Freigabe soll nur durch den Endkunden möglich sein.

 

Der Zugang für Drittanbieter an das Messsystem erlaubt zusätzliche Innovation, was die Systemeffizienz stark steigern wird. Der angedachte Datahub löst dieses Problem nur teilweise, da die Daten Dritten nur zeitverzögert vorliegen werden.

 

Präzisierung zum Datenformat ist ungenügend

Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass die Daten «in einem international üblichen Datenformat» zugänglich gemacht werden (Art. 8a Abs. 1 Bst. c). Gemäss dem erläuternden Bericht soll mit der Anpassung der StromVV die Innovation gefördert werden. Die Datengrundlage ist jedoch eher innovationshemmend. Leider hat es die Branche weder national noch international geschafft, sich auf ein einheitliches Datenformat zu einigen. Die unterschiedlichen Datenformate lassen Willkür befürchten. Für Drittanbieter ist es unter diesen Umständen schwierig Lösungen anzubieten (z.B. für eine einfache Visualisierung der Stromdaten).

 

Genauso wichtig wie das Datenformat ist die Datenstruktur. Die Datenstruktur findet im erläuternden Bericht keine Erwähnung. Bereits heute nutzt die Schweizer Strombranche ein auf XML basiertes «SDAT»-Format. Obwohl die Datenstruktur definiert ist, bleibt auch in diesem Format noch (zu) viel Interpretationsspielraum. Weder mit den aktuellen Lösungen noch mit der in der StromVV vorgeschlagenen Lösung sind in Zukunft automatisierte und digitalisierte Lösungen einfach umzusetzen. Es fehlen die Grundlagen für eine einheitliche Datenstruktur. Zudem sind Übertragungsprotokolle wie Webservices weiterhin unklar.

 

Der angedachte Datahub löst möglicherweise die beschriebenen Fragen. Die Grünliberalen erwarten eine möglichst offene und progressive Umsetzung des Datahubs.

 

Anforderungen für ZEVs sind unklar

Die vorliegende Entwurf enthält keine Präzisierung über die Umsetzung beim Zusammenschluss für Eigenverbrauch (ZEV). Die Grünliberalen fordern, dass die Präzisierungen in der StromVV gleichermassen für ZEV-Teilnehmende gelten.