Donnerstag, 15. Juli 2021

Stellungnahme zur Verordnung über Sorgfaltspflichten und Transparenz in den Bereichen Mineralien und Metalle aus Konfliktgebieten sowie Kinderarbeit (VSoTr)

Die Grünliberalen haben sich im Vorfeld der Abstimmung zur Konzernverantwortungsinitiative für einen wirksamen und wirtschaftsverträglichen indirekten Gegenvorschlag eingesetzt. Der Entwurf des Rechtskommission des Nationalrates hätte diese Vorgabe erfüllt. Gegen den Widerstand der Grünliberalen hat sich im Parlament leider der Entwurf der ständerätlichen Kommission durchgesetzt, der die gesteckten Ziele nicht erreicht ist und zudem schlecht formuliert ist. Das schafft für die Unternehmen Rechtsunsicherheit, was mit einem Gegenvorschlag ge-rade vermieden werden sollte. Die Mängel des missglückten Gesetzes schlagen sich nun im Entwurf der dazugehörigen Verordnung 1:1 nieder. Die Grünliberalen beurteilen den Verordnungsentwurf daher insgesamt kritisch, äussern sich aber als konstruktive Kraft dennoch zu einzelnen Elementen der Vorlage.

Mehr Transparenz schaffen

Die Grünliberalen begrüssen alle Massnahmen, welche die Transparenz bezüglich der Einhaltung von ESG-Kriterien verbessern. Nur wenn Transparenz hergestellt wird, kann das Geschäftsgebaren geprüft und gewürdigt werden. Sie ist die nötige Basis für einen Dialog mit der Öffentlichkeit mit dem Ziel, die Risiken für die Menschenrechte und die Umwelt im In- und Ausland laufend zu reduzieren.

Aus diesem Grund fordern die Grünliberalen, dass auch die Pflichten der übrigen berichterstattungspflichtigen Gesellschaften, d.h. jene ausserhalb der Bereiche Konfliktmineralien und Kinderarbeit, auf Verordnungsebene konkretisiert werden (betrifft den neuen Art. 964ter OR). Das schafft Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen, verbessert die Qualität der Berichterstattung und erleichtert nicht zuletzt die Vergleichbarkeit.

 

Internationale Standards einhalten und Weiterentwicklungen fördern und umsetzen

Die Grünliberalen begrüssen, dass sich der Verordnungsentwurf an internationalen Standards orientiert. Es ist wichtig, dass die Schweiz bzw. die hier domizilierten Unternehmen sich an die internationalen Standards halten und deren Weiterentwicklungen nachvollziehen. Das gilt, wie einleitend erwähnt, auch für Weiterentwicklungen des EU-Rechts.

 

Risikobasiert regulieren

Die Grünliberalen setzen sich für eine risikobasierte Regulierung und für eine Rücksichtnahme auf die besonderen Bedürfnisse von KMU ein. Der Vorschlag des Bundesrates ist diesbezüglich unausgewogen, da er die Anwendbarkeit der Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten im Bereich der Kinderarbeit in jedem Fall vom Erreichen relativ hoher Schwellenwerte abhängig macht (Art. 4 des Entwurfs). Die Grünliberalen schlagen stattdessen eine Regelung analog zum indirekten Gegenvorschlag des Nationalrats vor (vgl. den dortigen Entwurf zu einem neuen Art. 716abis Abs. 4 OR): Die besonderen Pflichten sollen auch für Gesellschaften gelten, deren Tätigkeit ein besonders grosses Risiko von Kinderarbeit im Ausland birgt. Sie sind demgegenüber nicht anzuwenden auf Gesellschaften mit einem besonders kleinen solchen Risiko. Wichtig ist in diesem Kontext auch die Definition des «begründeten Verdachts auf Kinderarbeit» (Art. 1 Bst. f des Entwurfs): Für die Grünliberalen ist wichtig, dass die Anreize so gesetzt werden, dass die Unternehmen genau hinsehen und nicht wegsehen.